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Die letzte Karte von Andreashall

Autor:
Sarina Maria Lesinski
Verlag:
Fabuloso Verlag, Bilshausen
Erscheinungsjahr:
2010
Sonstiges:

Taschenbuch
180 Seiten
Preis 12,00 €
ISBN 978-3-935912-51-8

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Leseprobe
Rätselhafte Begegnung

„Verdammt“, fluchte Till leise vor sich hin, „irgendwo muss er doch sein. Bestimmt hat er die geheime Tür gefunden, die bis in die Küche führt. Nur schade, dass ich nicht weiß, wo diese Küche ist, sonst könnte ich dort nachsehen.“ Laut fügte er hinzu: „Das ist nicht lustig Raffi , wo steckst du, zum Teufel noch mal?“
„Aber, aber, mit dem Leibhaftigen treibt man keine Scherze“, antwortete eine sanfte Stimme hinter ihm. Erschrocken fuhr Till herum. In der weit geöffneten Tür, durch die er vor etwa zwei Minuten in diesen Raum gestürmt war, stand eine lächelnde Gestalt, eine alte Frau in einem hochgeschlossenen schwarzen Kleid mit weitem langem Rock, der beim Gehen raschelte. Die Frau war groß und schlank. Obwohl sie zum Gehen einen Stock mit silbernem Knauf benutzte, hielt sie sich kerzengerade. Ihr langes weißes Haar hatte sie im Nacken zu einem großen Knoten gebunden. Sie strahlte trotz ihres Alters Anmut und Würde aus. „Wer sind Sie und wo kommen Sie so plötzlich her?“ Till war verwirrt, hatte nicht Raffael beteuert, dass das Haus seit Ewigkeiten leer stünde?
Die alte Dame schien seine Gedanken zu erraten. „Um deinen Freund brauchst du dir keine Sorgen zu machen. Er hat die Wahrheit gesagt und es ist ihm auch nichts geschehen. Du wirst ihn nachher wiederfinden, Tillman, doch zuerst muss ich noch mit dir reden.“
„Mit mir reden? Woher kennen Sie überhaupt meinen Namen und wo ist Raffi hin. Eben war er noch da, dann hörte ich ihn plötzlich schreien und es polterte fürchterlich. Und nun fehlt jede Spur von ihm.“
„Das liegt daran, dass Raffael und ich nicht gleichzeitig in ein und demselben Raum sein können, denn für ihn bin ich seit zwölf Jahren tot“, erläuterte die alte Dame, setzte sich in einen der bequemen Ledersessel vor dem Kamin und bat Till mit einer einladenden Handbewegung, das gleiche zu tun.
Die eben gehörten Worte durchzuckten Till wie ein Blitz. Er rief: „Sie müssen Tanna sein, Raffi s Großtante, die als Kind in diesem Haus gelebt hat!“
„Ich befürchtete schon, du würdest es nie herausfinden“, lachte Tanna und dieses Lachen verjüngte sie. Erst jetzt bemerkte Till das stille Leuchten, das diese Frau wie eine zarte Aura umgab. Sie hatte große hellblaue Augen, mit denen sie Till aufmerksam betrachtete.
Was Tanna sah, gefiel ihr. Dieser junge Mann war genau der richtige Freund für ihren Großneffen Raffael. Wenn es überhaupt Jemandem gelingen konnte, das alte Rätsel zu lösen und den Bann zu brechen, dann diesen beiden jungen Männern. Sie würde schützend ihre Hände über sie halten, doch ihre Kräfte waren nicht mehr so stark wie früher. Die Last so vieler Jahre machte sich allmählich bemerkbar.
„Was läuft hier eigentlich? Raffi hat mir erzählt, dass er auf ihrer Beerdigung war. Offenbar leben Sie aber noch und erfreuen sich guter Gesundheit. Vor ihrem Neffen verstecken Sie sich, scheinen aber über uns beide ganz gut informiert zu sein. Als wir uns hierher auf den Weg machten, nahmen wir an, dass Andreashall inzwischen eine Ruine sei. Statt dessen fanden wir ein völlig intaktes Herrenhaus vor mit Gardinen an den Fenstern. Eigentlich müsste hier überall eine Zentimeter dicke Staubschicht liegen, aber alles sieht sauber und ordentlich aus, wenn auch ein bisschen unbenutzt. Von Raffi weiß ich, dass dieses Haus einige Geheimnisse hat, aber ich mag es nicht, wenn jemand Katz und Maus mit mir spielt. Würden Sie also bitte so freundlich sein und mir erklären, welches Spiel Sie gerade mit uns spielen.“ Die letzten Worte klangen schroffer, als Till es beabsichtigt hatte. Er wollte Tanna nicht verletzen, diese Frau strahlte soviel Güte und Warmherzigkeit aus. Doch das änderte nichts daran, dass er sich irgendwie verschaukelt fühlte. Außerdem wollte er endlich wissen, was mit Raffael geschehen war. Der konnte sich doch nicht in Luft aufgelöst haben.
„Du bist nicht der Erste, den dieses Haus verwirrt. Als Raffael alt genug war, habe ich ihm von Andreashall erzählt, immer wieder. Das fiel mir auch gar nicht schwer, denn mein Neffe war ein sehr neugieriges und abenteuerlustiges Kind. Er wollte immer und immer wieder die gleichen Geschichten hören. Dadurch prägten sie sich schließlich fest in seinem Kopf ein und ich wusste, eines Tages würde er hierher kommen und sich dank dieses Wissens in unserem Haus zurechtfinden.“
„In unserem Haus?“ Till runzelte die Stirn. Das wurde ja immer seltsamer. Wen meinte Tanna mit uns, sich und Raffi ?
„Es stimmt, dass meine Mutter mit mir von hier fortging, nachdem mein Vater im Dunklen See ertrunken war, doch das Haus blieb weiterhin im Familienbesitz und fiel nach Mutters Tod an mich. Es gehört mir immer noch, und da ich keine Kinder habe, möchte ich es an Raffael weitergeben. Doch bevor er sein Erbe antreten kann, muss er noch ein paar Dinge erledigen. Aber dazu komme ich später. Jetzt muss ich dich leider verlassen. Raffael findest du hinter dem Haus am Dunklen See. Erzähle ihm besser nichts von unserer Begegnung.
Er würde dir sowieso nicht glauben.“
Rezension

Klappentext

In der Erwartung, eine Ruine vorzufinden, machen sich die Studenten Raffael und Tillmann auf den Weg zu dem lange verlassenen Herrensitz Andreashall. Erstaunt stellen sie fest, dass das Anwesen gut erhalten und gepflegt ist.

Doch beim Betreten geraten sie in eine Ereigniskette, aus der sie nur wieder herauskommen können, wenn sie das alte Rätsel um Wieland von Rabenstein lösen und damit den Fluch brechen, der seit beinahe achthundert Jahren auf dem Anwesen ruht. Unerwartete Hilfe bekommen sie dabei von drei jungen Campern, welche am nahegelegenen Dunklen See ihr Lager aufgeschlagen haben. Sie ahnen nicht, dass sie mit dem mysteriösen Verschwinden ihres Freundes Markus bereits ein Teil des großen Spiels geworden sind, welches Raffael unbedingt gewinnen muss.

Ein Roman, der einen Bogen schlägt von der Heide bis zum Harz und den Leser über magische Pfade in eine längst vergangene Zeit entführt.