Von Ingrid Hammer Philoso – Fischiges Heute Mittag Hering mit Kartoffeln. Völker, höret die Signale. Leider hören sie meistens die falschen. Im ersten Weltkrieg gab es oft Salzhering, der war billig. Die Mutter kaufte einen Hering für die ganze Familie. Sie nahm den Fisch, strich damit über die Kartoffeln der Kinder, über ihre eigenen auch, den Hering bekam der Vater. Nach dem zweiten Weltkrieg hungerten die Leute ein paar Jahre. Dann gab es massenhaft Bücklinge, passend zum deutschen Geist. Der wurde schnell fett, träge, vergesslich, aber zum Katzbuckeln vor dem Wirtschaftswunder reichte die Beweglichkeit. Irgendwann das Meer. Sturm heult um das Heck. Mühsam klammert man sich an der Reling fest. Grau ist der Horizont. Dieses einsame Fischerboot im Eismeer. Über reicher Ausbeute kreist ein hungriger Möwenschwarm. Wie, wenn eine Emma hieße, mit fettem Fisch im Schnabel? Klare kalte Luft und Sonne. Niemand soll sagen, im Norden gäb’s nur Regen. Auf kalten schwarzen Felsen noch Schneereste, Windräder surren, Maschinen tuckern, an die Mole klatscht Wasser, und nirgends ein wenig Bleiben. Rentiere haben von Geburt an kalte Füße, so macht ihnen der kalte Boden nichts aus. Im nächsten Leben Rentier sein! Aber jedes Jahr durch den Sund schwimmen? Erst einmal Kirkenes. Vor dem Ehrenmal „Dem tapferen Sowjetsoldaten für die Befreiung 1944“ liegt ein ovaler Kranz. Drei Rosensträußchen stehen neben einem Glas Wasser, darauf die kleine Scheibe Brot. Krächzende Möwen im Tiefflug. Auf dem Dach gegenüber zwei Tauben, die eine gurrt russisch, die andere norwegisch. Im Hotel – Matisse, die Schale mit Granatäpfeln, ausgestreckte Hände, ein geschlossenes Fenster. Und am Abend frischen Lachs.