Der besondere Malzkaffee Franka Möhricke Florentine saß in ihrer Wohnung und fühlte sich einsam. Komisches Wort, dachte sie: EINSAM. Ein Same? Ein einzelnes Samenkorn? Weit abgesprengt von anderen Samenkörnern? Wenn ein Samenkorn auf fruchtbaren Boden fällt, ist die Wahrscheinlichkeit vermutlich höher, dass daraus eine schöne, kräftige Pflanze wächst, als wenn sich viele Samenkörner auf engem Raum drängeln. Pflanzen werden oft vereinzelt. Sie hatte sich selbst vereinzelt. Weil ihr draußen alles zu laut, zu grell, zu schmutzig, zu chaotisch war. Aber schön und kräftig fühlte sie sich nicht gerade … , höchstens dick vom vielen Essen. Sie aß oft nur, weil sie nichts Besseres zu tun hatte. Sie bewegte sich zu wenig. Sie schlief schlecht. Florentine wusste durchaus, dass das alles nicht gut für sie war. „Ach, immer das Gleiche mit mir”, dachte sie und lächelte dabei über sich. Dieses Lächeln veränderte ihre Wahrnehmung ein wenig. Sie kochte sich einen Malzkaffee, ging mit der Tasse auf den Balkon, setzte sich in ihren Lieblingsstuhl, schaute in den Himmel und entdeckte dort eine Wolke, die aussah wie ein Vogel. Durch die Wolken zu fliegen, das wäre schön! Als Kind hatte sie oft vom Fliegen geträumt. Sie musste einfach ihre Flügel ausbreiten und los ging die Wolkenreise. Allerdings war sie auch dabei immer allein gewesen. Es gab bisher niemand, der zu ihr passte. Plötzlich hörte sie ein Flugzeug, so ein kleines, das die Hobbyflieger nutzen. Sie holte schnell ihr Fernglas. Damit konnte sie einen Schriftzug auf dem Flugzeug erkennen: MITFLUGGELEGENHEIT. Ja, das wollte sie: in einem 2-Sitzer mitfliegen!!! Florentine durchströmte ein Glücksgefühl. Sie suchte im Internet und fand schnell Fotos von dem Flugzeug bei einem Verein, der „Mitfluggelegenheit” hieß und vereinbarte sofort einen Termin für einen Rundflug über Berlin. Von oben würde es sicher viel schöner aussehen und sie nicht so anstrengen. Außerdem war sie dann nicht allein, sondern zu zweit.  Sie schaute in die Tasse mit dem Malzkaffee und sagte: „Du warst heute ein richtiger Wunschpunsch für mich!” Sie lächelte wieder, dieses Mal ganz lange :-)